Meine Stimme

 

Oma ging immer zur Wahl. Als Kind wollte ich wissen, was sie wählt. Das ist geheim, hat sie gesagt und ich dachte: Das muss ja was Aufregendes sein. Das wollte ich auch. Wie ja überhaupt Großwerden etwas ungeheuer Reizvolles hatte. Für Oma war das kein Spiel. Es war ihr Recht und ihre Pflicht und beides war groß. Groß genug, um im Sonntagsstaat ins Wahllokal zu gehen und ihr Kreuz zu machen. Meine Oma hatte schrumpelige Hände vom vielen Abwaschen und vom Kartoffelschälen. Politische Reden waren nicht ihre Sache. Aber sie war Bürgerin. Und sie hatte eine Meinung. Die vertrat sie alle vier Jahre mit ihrer Stimme. Ich bin jetzt groß und Oma ist tot und allein schon für sie gehe ich zur Wahl. Meine Stimme ist eine Stimme gegen Rechts.

Denn wie sollte ich ihr das erklären, wenn auf einmal wieder Rechte unser Land regierten?

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Judith Manok-Grundler (Sonntag, 24 September 2017)

    Liebe Susanne,

    danke für Deinen Beitrag.
    Ich weiß nicht, ob meine Oma zur Wahl ging, denn sie lebte nicht bei uns. Allerdings aber weiß ich, dass ich mich schwer damit täte, heute meinen Eltern zu erklären, warum schon wieder <Rechte> das Land regieren. Deshalb ist es für mich ebenfalls selbstverständlich, zur Wahl zu gehen und gegen <Rechts> zu wählen - und meiner Enkeltochter zu erklären, warum Wählen wichtig und keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist.

    Sonntagsgrüße aus dem Süden nach Hamburg,
    Judith

  • #2

    annette (Sonntag, 24 September 2017 12:28)

    .....und wieder werden wie schon einmal in unserem land worte verdreht so wie sie gebraucht werden.....ja wir wählen auch gegen rechts....
    herzlichst
    annette

  • #3

    Andrea Schenk (Dienstag, 26 September 2017 16:12)

    Liebe Susanne,

    lieben Dank für Deine offenen Worte und auch die Aufforderung an jeden von uns sich als Bürger oder Bürgerin zu sehen und so zu handeln ...
    denn ... wie schön, dass wir, unsere Eltern und Kinder in einer Demokratie leben und dort unsere Meinung gefragt ist. In meinem Fall als Bürgerin, als Mutter und als Frau ... sicher alle vier Jahre für einen Bundestag aber auch jeden Tag auf der Strasse, in der Schule oder im Kindergarten oder im Job für Dinge die mir wichtig sind und sicher gegen ein Gedankengut, dass auch schon vor 70 Jahren keine Berechtigung hatte ...

    Sonnige Grüsse Andrea

 

Au ja! Ich möchte wissen,was es Neues gibt