Als erstes wird der Frühling kommen. Und er kommt, soviel ist immerhin sicher. Und es wird Tage wie diesen geben, an denen die Sonne scheint, und der Himmel ist klar, und ich werde mich hinausträumen in den Wald, der hellgrün trägt und süß riecht. Und für einen Moment wird mich das beruhigen. Und dann wird mir das Lied von den Mandelzweigen in den Sinn kommen, das ich mich eigentlich schäme zu singen, weil es so eine naive Gott-macht-alles-gut-Haltung dahinträllert, aber plötzlich ist es erwachsen geworden und beharrt darauf, dass Waffen schweigen werden, die Lieder aber nicht. Und dass im Übrigen nicht ich Richterin zu sein brauche, der Job ist zu groß für mich, schon gar nicht Weltenrichterin. Die Stelle sei auch schon vergeben, sie säße wachsam auf ihrem Platz, ihre Engel leisteten Erste Hilfe, manchmal gelänge es ihnen auch einzugreifen, aber was solle man schon tun gegen abertausend Soldaten. Wo ist das Licht, frage ich, wenn Menschen sterben? Wie soll man da überhaupt ein Lied singen, wie soll man da glauben an die Vernunft, an die Liebe, an eine Zukunft, die gemeinsam stattfindet? Die Weltenrichterin wird weise ihre Antwort wägen, sie rechne in Jahrtausenden - und entschuldigt sich dafür, sie wisse, sie verstehe mittlerweile, was Ungeduld heiße, deshalb schicke sie Sonnentage und Frühling und Lieder und Engel, und alles, was sie habe.
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Gundolf (Dienstag, 08 März 2022 21:29)
Danke für die schönen Zeilen.
Ungeduld ist ein weites Feld ...
Gerade in diesen Zeiten.
Ungeduld mit dem Großmächtigen.
Ungeduld mit den Kirchenoberen, die lieber die Institution schützen wollen als denen helfen, die da Leid tragen.
Ungeduld in der Pandemie.
Aber: erinnert euch immer wieder an alte Gebete, die Kraft der Gebete, die wir jeden Tag um 16 Uhr (in DE) für den Frieden in der Welt beten wollen. Eines ist Psalm 91 mit den wunderbaren Versen 11-12:
11 Denn er hat seinen Engeln befohlen,
dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,
12 dass sie dich auf den Händen tragen
und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
Bleibt behütet, insbesondere in diesen Zeiten.
Alan (Freitag, 11 März 2022 16:45)
In aller Traurigkeit, in allem nicht verstehen bleibt eines zuverlässig..... niemals wird es aufhören.... Saat und Ernte.... Boten der Hoffnung und so möchte ich mit hoffen, dass am Ende nicht die Waffen siegen.... Sondern die Liebe!
Jeannette Christen (Samstag, 12 März 2022 19:22)
DANKE Susanne, deine Worte tun so gut; wie kostbarster Balsam.
Karin Eckert (Sonntag, 13 März 2022 16:47)
Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen. Lasst uns gemeinsam hoffen und beten, dass die Liebe siegt. �