Kirchentag

Ihr seid der Körper des Messias. Jede und jeder ein Teil davon. 1. Korinther 12,27

 

Ich habe eine Menge Freunde, die haben mit Kirche nichts zu tun. Normalerweise fällt das kaum auf. In den letzten Wochen war das anders. Sie sagten Dinge wie „Wollen wir am 1. Mai eine Radtour machen?“ oder „lass uns am Brückentag zu Ikea fahren“. Ich starrte sie jedes Mal entgeistert an und entgegnete: „Da ist Kirchentag!“ Ein Ereignis, um das man meines Erachtens genau so wenig herum kommt, wie um das Papst-Konklave oder die Bundestagswahl (nur das da weniger Leute in U-Bahnen singen).

Mein Freund war noch nie auf einem Kirchentag. Er findet das alles ein bisschen sonderbar, begleitet mich aber wohlwollend und mit nur mildem Spott. Natürlich weiß ich jetzt schon, dass er eine Menge Skurriles finden wird. Schals, die zu Hallelujas schwingen. Baumwolltaschen mit Aufdruck. Veranstaltungen, die Titel tragen wie „meditativ malend Mann sein“. Ich liebe es. Ich lieben diesen ganzen Pluralismus, all die Möglichkeiten, die Kirche bietet und seien sie in meinen Augen noch so schräg. Mit 15 habe ich in Frankfurt entdeckt, dass die HuK nicht nur eine Versicherung ist, sondern Homosexuelle und Kirche sind. Ich staunte. Mein Weltbild wankte. Und mein bisheriges Dorfkirchenleben weitete sich. Ich erlebte, wie es ist, wenn nicht nur 30 Tapfere sonntags „Großer Gott wir loben dich“ singen, sondern 3000 Lieder, die Pop sind. Ich sog Bibelarbeiten in mich auf, die mir die Weite christlichen Denkens zeigten. Staunend lauschte ich Blockflötenmusik, die zusammen mit Texten aus dem Warschauer Ghetto ganz anders klingen als der Flötenkreis im Advent. Ich lernte, dass Massen nicht Einheitsbrei bedeuten müssen, sondern Vielfalt. Tausend Arten zu glauben, und niemand schreibt vor, welche richtig ist. Das ist nicht alles cool. Manches ist wirklich schräg. Zum Beispiel der Typ mit seinem „Das-Ende-der-Welt-naht“-Schild. Jedes Mal ist er dabei. Ich glaube nicht daran, aber, hej, er soll seinen Glauben vertreten. Und diesmal in meiner Stadt. Herzlich willkommen! 

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Gerd (Montag, 29 April 2013 18:29)

    Vielen Dank für die schöne Einladung, die richtig Lust auf Kirchentag macht. Zur Vielfalt des Glaubens gehört aber wohl auch, dass manche Gemeinden die Konfirmation diesmal auf den 5. Mai gelegt haben. Für uns bedeutet das: nix ist mit Hamburg. Und dabei habe ich mich schon so auf das Halleluja-Singen auf den Elbfähren gefreut...;-)

  • #2

    * freudenwort (Dienstag, 30 April 2013 06:30)

    ... irgendwer wird bestimmt ein Halleluja für Sie singen. Kleiner Trost ;-)
    Eine schöne Konfirmationsfeier + herzliche Grüße von der Elbe!

  • #3

    Birte (Sonntag, 12 Mai 2013 09:50)

    Ich habe den Kirchentag aus einer ganz anderen Perspektive erlebt, sozusagen backstage, mehr oder weniger rund um die Uhr im Einsatz als Hauptamtliche des Kirchentages. Manchmal fand ich es schade, das ich nicht zu einer der vielen spannenden Veranstaltungen gehen konnte.

  • #4

    freudenwort (Sonntag, 12 Mai 2013 18:47)

    Kann ich verstehen, ging mir auch auf vielen Kirchentagen so. Umso größer mein Dankeschön an alle Mitmacher und Vorbereiterinnen und Helfende!

  • #5

    Katrin Düringer (Montag, 30 Dezember 2013 22:20)

    Liebe Susanne,
    wie schön, da haben wir ungefähr dasselbe erlebt, mit 15 in Frankfurt. "Mein Weltbild wankte und mein bisheriges Dorfkirchenleben weitete sich." Schön, dies bei Dir zu lesen und dem noch einmal nachzuspüren.
    Liebe Grüße von Katrin

 

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